Der Prädiabetes, die Vorstufe des Diabetes, ist weltweit auf dem Vormarsch: Wissenschaftler*innen sagen voraus, dass mehr als 470 Millionen Menschen im Jahr 2030 einen Prädiabetes haben werden.
Laut einer amerikanischen Studie hat einer von drei erwachsenen Amerikanern Prädiabetes. Und schlimmer noch: Über 84 Prozent der Prädiabetiker bemerkten ihre Erkrankung und den erhöhten Blutzucker nicht. Der Blick auf die Blutzuckerwerte lohnt sich, denn bei Prädiabetes gibt es wissenschaftlich erforschte Handlungsempfehlungen, mit denen Sie einem Diabetes Typ 2 und möglichen schwerwiegenden Folgekrankheiten entgegenwirken können.
In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Entstehung und Diagnose von Prädiabetes und wie Sie eine Erkrankung an Diabetes verhindern können.
Was ist Prädiabetes?
Ein Prädiabetes besteht dann, wenn die Blutzuckerwerte höher sind als der Normalwert, jedoch noch nicht im Bereich des Diabetes mellitus liegen. Die Diagnose Prädiabetes ist eine besonders wichtige Erkenntnis. Es handelt sich um eine kritische Phase, in der Sie gezielt Maßnahmen ergreifen können, um einem Diabetes und seinen Folgeerscheinungen vorzubeugen [1].
Wie entsteht Prädiabetes?
Jede Mahlzeit, die wir zu uns nehmen, erhöht automatisch den Blutzucker – das ist ein ganz natürlicher Vorgang. Abhängig davon was Sie essen oder trinken, ist der Anstieg größer oder kleiner. Bei einer gesunden Person reagiert die Bauchspeicheldrüse auf die Erhöhung des Blutzuckers und schüttet ausreichend Insulin aus. Das Hormon bindet den Zucker im Blut und transportiert ihn in die Körperzellen. Es gibt zwei mögliche Ursachen, weshalb die Blutzuckerwerte im Blut dauerhaft erhöht sind:
- Ihr Körper schüttet zu wenig Insulin aus.
- Der Körper wird unempfindlicher gegenüber Insulin (Insulinresistenz).
Unzureichende Insulinausschüttung
Es kann passieren, dass der Körper nicht genügend Insulin produzieren und daher nicht ausreichend Zucker aus dem Blut abbauen kann. Eine solche unzureichende Insulinausschüttung haben vor allem Menschen, die unter Diabetes Typ 1 leiden. Sie tritt meistens bereits im jüngeren Alter auf und wird häufig durch eine Autoimmunerkrankung oder eine angeborene Unterfunktion der insulinproduzierenden Bauchspeicheldrüse ausgelöst.
Insulinresistenz: Unzureichende Insulinempfindlichkeit
Insulinunempfindlichkeit, auch Insulinresistenz genannt, ist ein schleichender Prozess: In der Regel führen Betroffene sich dauerhaft viel Zucker zu, was dazu führt, dass sich dauerhaft sehr viel Insulin im Blut befindet.
In diesem Fall gewöhnt sich der Körper quasi an den hohen Insulinspiegel – bestimmte Rezeptoren werden für das Hormon unempfindlicher, sodass weniger Blutzucker abgebaut wird. Wenn aus dem Zusammenspiel von genetischer Veranlagung, Übergewicht, Bewegungsmangel und fehlender Insulinempfindlichkeit ein Diabetes entsteht, handelt es sich um einen Diabetes Typ 2.
Studien haben gezeigt, dass Prädiabetes durch beide Ursachen, die sogar gleichzeitig bestehen können, entstehen kann [1].
Gut zu wissen: Menschen mit Prädiabetes können sowohl eine unzureichende Insulinausschüttung als auch eine geringe Insulinempfindlichkeit haben, oder sogar beides – und das auch noch ganz unterschiedlich stark ausgeprägt. Daher versuchen Forscherinnen und Forscher derzeit, Prädiabetiker, die ähnliche Ausprägungen haben, in Kategorien einzuteilen. Für die verschiedenen Kategorien wollen sie maßgeschneiderte Präventionsmaßnahmen und Behandlungen entwickeln [1].
Prädiabetes steht außerdem im Zusammenhang mit dem sogenannten metabolischen Syndrom, einer Erkrankung des Stoffwechsels, die in der Regel mit Übergewicht, Bluthochdruck und einer Störung des Fettstoffwechsels oder Zuckerstoffwechsels einhergeht [1].
Warum ist Prädiabetes gefährlich?
Ein Prädiabetes kann verschiedene schwerwiegende Folgen haben. Eine davon ist eine weitere Verschlechterung des Blutzuckerwertes und somit Erkrankung an Diabetes. Wenn Sie einen Prädiabetes haben, besteht jedes Jahr ein Risiko von fünf bis zehn Prozent, dass Sie an Diabetes erkranken [1]. Laut einer Studie entwickelten 70 Prozent der untersuchten Prädiabetiker im Laufe ihres Lebens einen Diabetes [2].
Darüber hinaus können Menschen bereits im Stadium des Prädiabetes schwerwiegende Folgeerkrankungen erleiden. Denn der langfristig erhöhte Blutzuckerspiegel kann einige Organe dauerhaft schädigen. Zu den möglichen Folgen gehören [1], [3]:
- Netzhautschädigungen
- Nierenschädigungen oder chronische Nierenerkrankungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Erkrankungen des peripheren Nervensystems
Wer hat ein besonderes Risiko, an Prädiabetes zu erkranken?
Der wohl wichtigste Treiber von Prädiabetes und Diabetes ist Übergewicht aufgrund von Bewegungsmangel und Überernährung. Darüber hinaus können genetische Veranlagungen und Vorerkrankungen eine Rolle spielen.
Diese Risikofaktoren bestehen für Prädiabetes [4], [5]:
- Körperfett: Ein hoher Body Mass Index (BMI) ist mit einem hohen Diabetes- und Prädiabetesrisiko verbunden
- Alter: Ab einem Alter von 45 Jahren steigt das Prädiabetes-Risiko
- Überernährung
- Genetische Veranlagung und Diabeteserkrankungen innerhalb der Familie
- Bewegungsmangel
- Metabolisches Syndrom
- Schwangerschaftsdiabetes
Symptome und Verlauf des Prädiabetes
Prädiabetes verläuft meist asymptomatisch. Das bedeutet, dass Menschen mit einem erhöhten Blutzuckerspiegel in der Regel nicht bemerken, dass Sie erkrankt sind. Besonders tückisch daran ist, dass es dadurch sehr schwer ist, den Prädiabetes zu diagnostizieren und rechtzeitig einzugreifen. Studien zufolge hatten die meisten Menschen mit einem Diabetes zuvor einen Prädiabetes [6].
Diagnose des Prädiabetes
Vereinfacht gesagt haben Sie einen Prädiabetes, wenn Ihr Blutzucker über einem bestimmten Wert liegt, aber noch nicht so hoch ist, dass Sie an Diabetes leiden.
Es gibt drei verschiedene Methoden, mit denen sich der Blutzucker bestimmen lässt. Diese Messergebnisse weisen auf einen Prädiabetes hin:
- Nüchternblutzucker: Der Blutzucker liegt zwischen 100 und 126 Milligramm pro Deziliter.
- Oraler Glukosetoleranztest: 120-Minuten-Wert nach der Einnahme von 75 Gramm Glukose liegt Ihr Blutzucker zwischen 140 und 199 Milligramm.
- Langzeit-Blutzuckerwert: Der HbA1c-Wert liegt zwischen 5,7 und 6,4 Prozent.
Studien zeigen jedoch, dass nicht immer alle drei Kriterien zutreffen. So zeigte eine deutsche Studie an 4.009 Personen mit Prädiabetes, dass nur 12 Prozent der untersuchten Personen alle drei Diagnosekriterien vorwiesen. Deswegen führen Ärzt*innen meistens mehrere Tests durch, um einen Prädiabetes festzustellen [1].
Darauf können Sie achten, wenn Sie einen Prädiabetes haben
Das Risiko, einen Diabetes zu entwickeln, liegt für Prädiabetiker jährlich bei fünf bis zehn Prozent. Die gute Nachricht ist: Sie können Ihr Risiko um 40 bis 70 Prozent reduzieren, wenn Sie Ihren Lebensstil anpassen [7].
Die richtige Ernährung
Studien haben gezeigt: Wenn Menschen mit Prädiabetes nur ein wenig abnehmen, kann das bereits die Entwicklung eines Diabetes und Schäden an den Organen verzögern [8]. Eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2002 zeigte, dass eine Gewichtsreduktion von fünf Kilogramm das Diabetesrisiko um 55 Prozent senkte [6]. Um ein gesundes Körpergewicht zu erreichen ist sowohl eine gesunde Ernährung als auch moderate körperliche Aktivität sehr hilfreich – beide Maßnehmen können noch dazu das Wohlbefinden steigern.
Tipp: In unserem Gesundheitsportal finden Sie alles Wissenswerte, Tipps und Tricks zum gesunden Abnehmen.
Wissenschaftler*innen empfehlen eine ausgewogene, kalorienarme und ballaststoffreiche Kost. Viele raten zur mediterranen Ernährungsform, auch Mittelmeer-Diät genannt, die besonders pflanzen- und ballaststoffreich ist [9].
Achten Sie also darauf, viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte sowie Nüsse in Ihren Mahlzeiten zu kombinieren. Diese Lebensmittel können erwiesenermaßen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2 entgegenwirken [9]. Insbesondere die in Gemüse, Nüssen und Vollkornprodukten enthaltenen Ballaststoffe sind für Menschen mit Prädiabetes oder Diabetes vorteilhaft, da sie den Blutzucker langsamer ansteigen lassen, wodurch auch weniger Insulin ausgeschüttet werden muss.
Wenn Sie weniger Alkohol und dafür mehr Kaffee und Tee trinken, senkt das ebenfalls das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes [8].
Mehr Bewegung
Nicht nur die Ernährung kann eine wichtige Rolle spielen, auch die Bewegung hat einen wichtigen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und kann die Empfindlichkeit gegenüber Insulin verbessern [4].
Steigern Sie Ihre Aktivität langsam, um motiviert zu bleiben. Legen Sie doch beispielsweise einen kleinen Spaziergang ein. Bereits 1.000 zusätzliche Schritte am Tag können sich positiv auf Ihre Gesundheit auswirken. Sie können Ihre Fortschritte beispielsweise durch einen Schrittzähler auf Ihrem Smartphone oder einem Fitnessarmband ganz einfach beobachten.
Schon gewusst? Nicht nur Prädiabetes, sondern auch Rauchen erhöht Ihr Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Tipps, wie Sie mit dem Rauchen aufhören können, finden Sie in unserem Gesundheitsportal.
Prädiabetes - Auf einen Blick
Was ist Prädiabetes und wie entsteht er?
Ein Prädiabetes liegt vor, wenn ein erhöhter Blutzuckerspiegel festgestellt wird, der noch nicht im Bereich des Diabetes ist.
Verursacht wird der Prädiabetes entweder durch eine nicht ausreichende Ausschüttung von Insulin oder eine Insulinresistenz. Der erhöhte Blutzucker kann durch drei Methoden festgestellt werden: die Messung des Nüchternblutzuckers, die Messung des HbA1c-Wertes (Langzeit-Blutzucker) sowie die Messung des 120-Minuten-Wertes.
Welche Risikofaktoren gibt es?
Prädiabetes wird stark von Übergewicht, schlechter und Überernährung sowie Bewegungsmangel beeinflusst. Darüber hinaus können eine genetische Veranlagung oder das sogenannte metabolische Syndrom das Prädiabetes-Risiko erhöhen.
Worauf muss ich bei einem Prädiabetes achten?
Bei einem diagnostizierten Prädiabetes können Sie aktiv darauf einwirken, dass sich Ihre Blutzuckerwerte nicht weiter verschlechtern und dass keine Folgeerkrankungen entstehen. Achten Sie auf ein gesundes Körpergewicht durch eine ausgewogene Ernährung, die reich an Gemüse, Obst und Vollkorn ist, um Ihrem Körper weniger Kalorien und mehr Ballaststoffe zuzuführen. Bewegen Sie sich außerdem ausreichend. Vermeiden Sie Alkohol und Zigaretten, um zusätzlich dem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenzuwirken.
Quellen
[1] A. Fritsche, H.-U. Häring, A. L. Birkenfeld, und R. Wagner, „Neue Subtypen bei Prädiabetes“, Der Diabetologe, S. 1–5, 2021.
[2] U. Hostalek, „Global epidemiology of prediabetes-present and future perspectives“, Clinical diabetes and endocrinology, Bd. 5, Nr. 1, S. 1–5, 2019.
[3] B. Stratmann und D. Tschoepe, „Diabetes, Prädiabetes und kardiovaskuläres Risiko“, CME, Bd. 12, Nr. 12, S. 57–65, 2015.
[4] D. LeRoith, Prevention of Type 2 Diabetes: From Science to Therapy. Springer Science & Business Media, 2012.
[5] CDC, „The Surprising Truth About Prediabetes“, Centers for Disease Control and Prevention, Feb. 06, 2020. https://www.cdc.gov/diabetes/library/features/truth-about-prediabetes.html (zugegriffen Nov. 23, 2021).
[6] A. K. Khetan und S. Rajagopalan, „Prediabetes“, Canadian Journal of Cardiology, Bd. 34, Nr. 5, S. 615–623, 2018.
[7] N. Bansal, „Prediabetes diagnosis and treatment: A review“, World journal of diabetes, Bd. 6, Nr. 2, S. 296, 2015.
[8] „Pocket-Leitlinie: Diabetes, Prädiabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen (Version 2019)“. https://leitlinien.dgk.org/2020/pocket-leitlinien-diabetes-praediabetes-und-kardiovaskulaere-erkrankungen-version-2019/ (zugegriffen Nov. 01, 2021).
[9] „Mittelmeer-Diät wirkt bei Diabetes mellitus Typ 2 besonders günstig“. https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaetetik/diabetes-mellitus/mittelmeer-diaet-diabetes/?L=0 (zugegriffen Nov. 12, 2021).