cerascreen forscht: Wir haben die bisherigen Ergebnisse unseres COVID-19 Impfung Antikörper Tests ausgewertet. Die Analyse bestätigt einige der neueren Erkenntnisse, die Impfstoff-Hersteller und Wissenschaftler*innen veröffentlicht haben: Die Antikörper-Konzentration sinkt mit der Zeit deutlich und fällt bei älteren Menschen generell niedriger aus.
Nachdem in Deutschland bald 70 Prozent der Menschen vollständig gegen COVID-19 geimpft sind, drängt sich eine der nächsten wichtigen Fragen der Pandemie auf: Wie lang hält die Wirkung der Impfstoffe an? Die Hersteller von Impfstoffen empfehlen teilweise bereits Auffrischungsimpfungen, sogenannte Booster, um den Schutz für besonders gefährdete Gruppen aufrechtzuerhalten. In Deutschland werden solche Drittimpfungen auch bereits an Risikogruppen vergeben.
Wir haben uns die Ergebnisse unserer Antikörper-Tests angesehen und uns gefragt: Wie viel Antikörper sind einige Monaten nach der Impfung eigentlich noch vorhanden?
Studienlage zu Impfungen und Antikörpern
Wie lässt sich feststellen, ob eine Impfung noch effektiv ist? Dazu gibt es, vereinfacht gesagt, zwei Herangehensweisen:
- Man sieht sich die Wirksamkeit des Impfstoffs in der Praxis an, schaut also, wie viele geimpfte Menschen noch an COVID-19 erkranken.
- Man prüft Laborwerte der Geimpften, meist bestimmte IgG-Antikörper, die das Immunsystem nach einer Impfung herstellt, um das Coronavirus zu erkennen und zu bekämpfen.
Daten der Hersteller
Der Hersteller BioNTech gab eine Studie heraus, die seinem Impfstoff auch sechs Monate nach der zweiten Dosis eine hohe Sicherheit und Wirksamkeit bescheinigt. Laut BioNTech erreicht die Wirkung ihren Höhepunkt sieben Tage nach der zweiten Impfung, verringert sich dann jedoch alle zwei Monate um rund sechs Prozent [1]. Auch eine Studie im renommierten Fachmagazin The Lancet kam zu dem Ergebnis, dass die Antikörper sechs Monate nach der BioNTech-Impfung deutlich abgesunken waren [2].
Die US-amerikanische Pharmafirma Johnson & Johnson berichtete derweil, dass eine Auffrischung sechs Monate nach der ersten Dosis ihres Impfstoffs zu einer zwölfmal höheren Zahl von Antikörpern führt [3]. Und auch Moderna berichtet: Es gebe weniger Impfdurchbrüche bei Menschen, bei denen die Impfung noch nicht so lange her ist – dazu verglich das Unternehmen Daten von Geimpften, die ihre zweite Moderna-Dosis vor acht beziehungsweise 13 Monaten erhalten hatten [4].
Alle Hersteller betonen aber, dass ihre Impfungen die Zahl der Erkrankungen und schweren Verläufe auch Monate nach der Impfung noch deutlich reduzieren.
Studien mit Antikörper-Messungen
Weitere Studien bestätigen, dass die Antikörper-Konzentration nach der Impfung mit der Zeit nachlässt. In einer Untersuchung an Bewohnenden eines Pflegeheims und Pflegekräften sind die Antikörper-Werte zum Beispiel sechs Monate nach vollständiger Impfung um 84 Prozent gesunken [5]. Noch wissen wir nicht im Detail, wie sich das auf die Immunität gegen COVID-19 auswirkt – aber einige Forschende sehen einen Zusammenhang zwischen sinkenden Antikörper-Konzentrationen und einer geringer werdenden Schutzwirkung [6].
Wir haben die Ergebnisse unseres COVID-19 Impfung Antikörper Test anonymisiert ausgewertet – und unsere Daten bestätigen das, was die bisherigen Studien herausbekommen haben.
So haben wir die Antikörper-Daten erhoben
Wir haben uns die Ergebnisse von 613 Antikörper-Tests angesehen, die im Zeitraum von März bis September 2021 in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt wurden. Insgesamt haben 1567 Kund*innen den Test in dieser Zeit durchgeführt – 613 von ohnen haben zudem alle nötigen Angaben gemacht, die für unsere Analyse nötig waren. So haben wir sichergestellt, dass nur robuste Daten in die Auswertung einfließen.
In den Tests wurde das Blut der Kund*innen auf Antikörper gegen COVID-19 untersucht. Für diese Analyse haben wir uns vor allem die Anti-S1-IgG-Antikörper angesehen, die der Körper nach einer Impfung produziert.
Zusätzlich gaben die Getesteten in einem Fragebogen an, zu welchem Zeitpunkt sie welchen Impfstoff gegen das Coronavirus erhalten haben. Wir haben uns dann angesehen, wie viele Tage zwischen Impfung und dem Zeitpunkt der Probenentnahme lag. Auch Alter und Geschlecht wurden abgefragt.
Ergebnisse unserer Analyse
Die Verteilung der Impfstoffe
Für unsere Analyse haben wir geprüft, welche der drei Impfstoffe AstraZeneca, BioNTech und Moderna unsere Kund*innen erhalten haben. Die Verteilung ist dabei sehr ähnlich wie die der in Deutschland insgesamt für die Zweitimpfung verabreichten Impfstoffe.
Unter den 613 analysierten Tests haben 451(73.6%) Getestete für die Zweitimpfung BioNTech erhalten, 91 (14.8%) Moderna und 71 (11.6%) AstraZeneca. Zum Vergleich: In Deutschland erhielten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bislang rund 41,2 (82,7%) Millionen Menschen eine Zweitimpfung mit BioNTech, 5,1 (10,2%) Millionen mit Moderna und 3,5 (7,0%) Millionen mit AstraZeneca [7].
Wie sich die Antikörper-Konzentration mit der Zeit verändert
Bei allen Impfstoffen zeigt sich in unseren Ergebnissen sehr deutlich: Die Antikörper-Konzentration ist rund drei Wochen nach der zweiten Impfdosis in der Regel am höchsten. Danach scheint die Konzentration abzunehmen: Je länger dieser Zeitraum schon her ist, desto weniger Antikörper hatten die Getesteten im Blut.
In dieser Grafik sehen Sie die Mittelwerte der Antikörper-Konzentrationen je nach der Zeit, die seit der Impfung vergangen ist:
Die höchsten Antikörper-Konzentrationen hatten die Kund*innen, die den Impfstoff von Moderna bekommen haben, gefolgt von BioNTech-Geimpften. Dass Moderna-Impfungen die stärkste Antikörper-Antwort hervorrufen, zeigten zuletzt auch wissenschaftliche Studien, zum Beispiel eine Beobachtung von rund 2.500 Gesundheitsfachkräften in Belgien und eine Vergleichsstudie aus den USA [8,9].
Wie das Alter die Antikörper beeinflusst
Auch das Alter der Menschen war in unseren Daten ein wichtiger Faktor. Je älter die Kund*innen waren, desto niedriger fielen ihre Antikörper-Werte aus. Das war bei allen Impfstoffen zu beobachten, vor allem bei AstraZeneca. Auch in diesem Punkt bestätigen unsere Daten die Ergebnisse bisheriger Forschungen – und liefern einen weiterer Hinweis darauf, dass ältere Menschen vielleicht von Auffrischungsimpfungen profitieren könnten.
Hier noch einmal der Vergleich in der Grafik. Die Ergebnisse für die 18- bis 34-Jährigen haben einige starke Schwankungen, weil die Fallzahl in dieser Altersklasse relativ gering war. Der gerade Strich beim Moderna-Impfstoff kommt daher, dass die 14 Kund*innen aus dieser Altersgruppe alle Werte über 100 U/ml (oberhalb des maximalen Messwertes) hatten und wir solche Ergebnisse im Rahmen dieser Auswertung alle auf 100 gesetzt haben.
Grafik: Antikörper gegen das Coronavirus in der Altersklasse 18 bis 34
Grafik: Antikörper gegen das Coronavirus in der Altersklasse 35 bis 54
Grafik: Antikörper gegen das Coronavirus in der Altersklasse ab 55
Gut zu wissen: Das Geschlecht hatte in unserer Analyse keinen signifikanten Einfluss auf die Antikörper-Konzentration.
Ausblick: Wie geht es weiter mit den Impfungen?
Ob eine Auffrischungsimpfung für alle Erwachsenen empfohlen wird, ist im Moment noch nicht abzusehen. Einige Fragen sind auch noch offen, zum Beispiel: Was passiert, wenn kaum noch Antikörper im Körper sind? Reichen andere Gedächtniszellen des Immunsystems, um eine Grundimmunisierung herzustellen und schwere Verläufe zu verhindern? Oder werden uns regelmäßige Booster-Impfungen in den nächsten Jahren noch begleiten? Antworten darauf wird es mit weiteren Studien und Langzeitbeobachtungen geben.
Bis dahin können Sie Ihren eigenen Antikörper-Status selbst überprüfen, um einen Eindruck von Ihrem Impfstatus zu erhalten, zum Beispiel mit dem COVID-19 Impfung Antikörper Test. Das ist übrigens auch dann sinnvoll, wenn Sie nicht geimpft, sondern bislang nur nach einer COVID-19-Erkrankung genesen sind. Der Test unterscheidet sogar zwischen den Anti-S1-Antikörpern, die vor allem nach einer Impfung produziert werden, und den Anti-NP-Antikörpern, die besonders nach einer Erkrankung festgestellt werden.
Quellen
[1] S. J. Thomas u. a., „Six Month Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA COVID-19 Vaccine“, Juli 2021. doi: 10.1101/2021.07.28.21261159.
[2] P. Naaber u. a., „Dynamics of antibody response to BNT162b2 vaccine after six months: a longitudinal prospective study“, Lancet Reg. Health - Eur., S. 100208, Sep. 2021, doi: 10.1016/j.lanepe.2021.100208.
[3] „Johnson & Johnson Announces Real-World Evidence and Phase 3 Data Confirming Strong and Long-Lasting Protection of Single-Shot COVID-19 Vaccine in the U.S. | Johnson & Johnson“, Content Lab U.S. https://www.jnj.com/johnson-johnson-announces-real-world-evidence-and-phase-3-data-confirming-strong-and-long-lasting-protection-of-single-shot-covid-19-vaccine-in-the-u-s (zugegriffen Sep. 23, 2021).
[4] „Moderna Highlights New Clinical Data on its COVID-19 Vaccine | Moderna, Inc.“ https://investors.modernatx.com/news-releases/news-release-details/moderna-highlights-new-clinical-data-its-covid-19-vaccine/ (zugegriffen Sep. 23, 2021).
[5] D. H. Canaday u. a., „Significant reduction in humoral immunity among healthcare workers and nursing home residents 6 months after COVID-19 BNT162b2 mRNA vaccination“, Aug. 2021. doi: 10.1101/2021.08.15.21262067.
[6] D. S. Khoury u. a., „Neutralizing antibody levels are highly predictive of immune protection from symptomatic SARS-CoV-2 infection“, Nat. Med., Bd. 27, Nr. 7, S. 1205–1211, Juli 2021, doi: 10.1038/s41591-021-01377-8.
[7] Robert-Koch-Institut, „RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - Tabelle mit den gemeldeten Impfungen nach Bundesländern und Impfquoten nach Altersgruppen (23.9.2021, Tabelle wird montags bis freitags aktualisiert)“. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquotenmonitoring.html (zugegriffen Sep. 23, 2021).
[8] D. Steensels, N. Pierlet, J. Penders, D. Mesotten, und L. Heylen, „Comparison of SARS-CoV-2 Antibody Response Following Vaccination With BNT162b2 and mRNA-1273“, JAMA, Aug. 2021, doi: 10.1001/jama.2021.15125.
[9] W. H. Self, „Comparative Effectiveness of Moderna, Pfizer-BioNTech, and Janssen (Johnson & Johnson) Vaccines in Preventing COVID-19 Hospitalizations Among Adults Without Immunocompromising Conditions — United States, March–August 2021“, MMWR Morb. Mortal. Wkly. Rep., Bd. 70, 2021, doi: 10.15585/mmwr.mm7038e1.