Selen ist ein vielseitiges Mineral, das vor allem für unser Immunsystem und unsere Schilddrüse essentiell ist. Sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss schaden unserer Gesundheit. Schon eine Paranuss am Tag kann Sie mit der notwendigen Menge Selen versorgen.
Im Jahr 1817 wurde das Element Selen entdeckt und nach der griechischen Mondgöttin Selene benannt. 200 Jahre später haben Forschende immer noch nicht das gesamte Potential des Spurenelementes erforscht. Selen arbeitet beinahe überall im Körper – im Immunsystem, im Nervensystem, in der Muskulatur und in der Schilddrüse. Ein Mangel macht dem Körper physisch und psychisch schwer zu schaffen. Aber auch zu viel Selen ist ungesund und kann sogar lebensgefährlich werden.
Erfahren Sie in diesem Artikel, mit welchen Lebensmitteln Sie Ihren täglichen Selenbedarf decken können und welche Symptome auf einen Mangel oder Überschuss hindeuten. Außerdem: Wieso Selenpräparate möglicherweise gesundheitsschädlich sind.
Was ist Selen?
Selen gehört zu den essentiellen Spurenelementen, das heißt: Sie können es nur über Lebensmittel aufnehmen und benötigen nur geringe Mengen davon. Der menschliche Körper speichert 13 bis 30 Milligramm Selen. Ein Großteil davon lagert sich in den Muskeln und in der Schilddrüse ein [1].
Gut zu wissen: Wenn selenhaltiges Metall verbrannt wird, entsteht ein Geruch wie von Rettich [2].
Wie wirkt Selen?
Selen bildet wichtige Proteine, die das Immunsystem stärken und Zellschäden verhindern. Es verstärkt die Funktion von Vitamin E und Vitamin C als Abwehrvitamine. Gemeinsam mit Jod produziert Selen Schilddrüsenhormone, die die Spermienbildung ankurbeln und die Funktion des Nervensystems aufrechterhalten. Die Leber und die Bauchspeicheldrüse könnten ohne Selen ihren Aufgaben in der Verdauung und Blutzuckerregulierung nicht nachgehen [3, 4].
Selen und Schwermetalle: Selen kann im Körper dabei helfen, das Schwermetall Blei zu binden. Ein Schwermetall in gebundener Form kann dem Körper nicht mehr schaden und kann besser ausgeschieden werden [5].
Wie hoch ist der Tagesbedarf an Selen?
Laut den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte ein erwachsener Mann 70 Mikrogramm Selen am Tag zu sich nehmen. Bei Frauen beläuft sich der Bedarf auf 60 Mikrogramm. Stillende Frauen haben einen erhöhten Bedarf von 75 Mikrogramm, um ihr Kind mit ausreichend Selen über die Muttermilch zu versorgen [6].
Welche Lebensmittel enthalten Selen?
Sowohl tierische als auch pflanzliche Lebensmittel liefern dem Körper Selen. Wie viel Selen pflanzliche Nahrungsmittel enthalten, hängt auch davon ab, wo sie angebaut wurden und wie selenhaltig der Boden dort war. Kein Lebensmittel enthält so viel Selen wie die Kokosnuss und die Paranuss. Schon eine Paranuss kann Ihren Tagesbedarf decken [7].
Tabelle: selenreiche Lebensmittel [8]:
Lebensmittel |
Mikrogramm pro 100 Gramm |
Thunfisch |
82 |
Weizenkleie |
60 bis 130 |
Ei |
20 |
Rosenkohl |
18 |
Weiße Bohnen |
14 |
Emmentaler |
11 |
Selenmangel
Die Böden in Europa haben über die Jahre viel Selen verloren. Der Klimawandel soll Schuld daran sein, da er extreme Wetterlagen fördert. Die Folge: Heftige Niederschläge waschen das Selen aus dem Boden, ebenso reduzieren längere Trockenphasen den Selengehalt. Steckt zu wenig Selen im Boden, kann es sich nicht genügend in Pflanzen anreichern, was Lebensmittel selenärmer werden lässt [9, 10].
Die letzte Untersuchung dazu, wie viel Selen die Menschen in Deutschland konsumieren, wurde 1996 durchgeführt. Die Deutschen nahmen demnach durchschnittlich 40 Mikrogramm Selen am Tag auf – weniger als die Fachgesellschaften empfehlen [11].
Selen gehört laut dem Österreichischen Ernährungsbericht 2012 zu den kritischsten Nährstoffen in Österreich. 38 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer hatten dem Bericht zufolge einen erniedrigten Selen-Status [11].
Gut zu wissen: Die selenreichsten Böden befinden sich in Nebraska in den USA. Die Böden in China hingegen sind arm an Selen [1].
Selenmangel – Risikogruppen
Abgesehen von Menschen, die sich selenarm ernähren, kann ein Mangel bei folgenden Gruppen auftreten [12, 13]:
- Raucher*innen
- Alkoholiker*innen
- Frauen, die besonders lange stillen
- Menschen mit Darmerkrankungen – Selen kann nicht in den Blutkreislauf gelangen
- Dialyse-Patient*innen – bei der Blutreinigung geht viel Selen verloren
Was sind die Symptome eines Selenmangels?
Da Selen beinahe überall im Körper seine Wirkung entfaltet, kann ein Mangel zu einer Vielzahl von Symptomen führen [11, 14]:
Allgemeine Beschwerden |
Müdigkeit |
Muskelschwäche und Gelenkschmerzen | |
Immunschwäche | |
Gestörte Spermienbildung | |
Psychische Beschwerden |
Angst |
Depressive Verstimmungen und Stimmungsschwankungen | |
Organische Beschwerden |
Erkrankungen der Schilddrüse und des Herzmuskels |
Leberfunktionsstörungen |
Selenpräparate
270 von 1073 Leuten, also rund jeder Vierte, gaben in einer Umfrage über Nahrungsergänzungsmittel an, dass sie Selenpräparate einnehmen. Mit den richtigen Präparaten können Sie Ihre Selenversorgung optimieren - allerdings gibt es einiges zu beachten [15].
Welche Selen-Tabletten sind am besten?
Ein gutes Selenpräparat sollte Selenomethionin enthalten. Der Körper kann diese Selenverbindung zu 90 Prozent aufnehmen. Andere Selenverbindungen wie Natriumselenit oder Natriumselenat können nur zur Hälfte aufgenommen werden [1].
Wie viel Selen sollte ich über Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?
Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung sollten Sie am Tag nicht mehr als 45 Milligramm Selen über Nahrungsergänzungsmittel einnehmen [9].
Können Nebenwirkungen bei der Einnahme von Selen-Tabletten entstehen?
Selen kommt nur in der richtigen Menge Ihrer Gesundheit zugute. So kann eine tägliche Einnahme von mehr als 300 Mikrogramm Selen durch Nahrungsergänzungsmittel zu gesundheitlichen Beschwerden führen [12, 16]:
- Müdigkeit
- Haarausfall, Gelbfärbung der Haut
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
- Mundgeruch (Knoblauchatem)
- Störungen in der Motorik
Wenn über einen längeren Zeitraum ein Selenüberschuss vorliegt, kann das Risiko für einen Diabetes Typ 2 und sogar für Prostatakrebs steigen [3].
Einnahme von Selen und Vitamin E
Selen und Vitamin E stärken sich gegenseitig. Im Internet finden Sie öfter Empfehlungen, die zur gleichzeitigen Aufnahme beider Nährstoffe auffordern. Doch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie warnt vor Selen-Vitamin-E-Präparaten: Besteht ein unentdeckter Selenmangel, kann die zusätzliche Einnahme von Vitamin E das Risiko von Männern erhöhen, an Prostatakrebs zu erkranken. Eine Einnahme solcher Kombipräparate sollte nur nach ärztlicher Absprache erfolgen. In einer Studie aus der Zeitschrift Journal of the National Cancer Institute konnten Forschende beobachten, dass das Risiko um 111 Prozent erhöht war [17–19].
Selen und Zink: Ob Selen und Zink auch gleichzeitig eingenommen werden sollten, ist noch nicht klar. In einer Studie an Ratten konnten Forschende bei gleichzeitiger Einnahme einen negativen Effekt auf die Prostata beobachten [20].
Selen-Test
Ob Sie ausreichend mit Selen versorgt sind, lässt sich mithilfe einer Blutprobe bestimmen, zum Beispiel bei einem Therapeuten- oder Arztbesuch oder mit einem Mineralstoff Test. Sollte der Verdacht auf eine Selen-Vergiftung bestehen, kann eine Urinprobe Klarheit verschaffen. Forschende probieren sich außerdem an der Erfassung des Selenstatus mithilfe von Haar- und Nagelanalysen. Diese Methoden gelten zurzeit als ungeeignet, da die Ergebnisse zu viele Schwankungen aufweisen [21].
Selen und die Schilddrüse
Ohne Selen könnte die Schilddrüse nicht vernünftig arbeiten. Kann die Einnahme von Selen bei Schilddrüsenproblemen in diesem Falle für Abhilfe schaffen?
Hilft Selen bei der Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen?
Bislang lässt sich noch nicht endgültig sagen, ob Selen gegen Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto wirkt. In einer Untersuchung nahmen schwangere Frauen Selen ein, was sich nach der Geburt positiv auf Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto auswirkte. Menschen mit einer endokrinen Orbitopathie sollen wohl auch Besserungen ihrer Symptome durch eine Selensupplementierung erfahren [22–24].
Endokrine Orbitopathie: Bei dieser Erkrankung stehen die Augäpfel stark hervor. Die Ursache ist eine Autoimmunreaktion: Das Immunsystem greift den eigenen Körper an, in diesem Fall Gewebe in der Augenhöhle. Sehr viele Betroffene leiden auch unter einer Schilddrüsenüberfunktion [25].
Selen: Auf einen Blick
Was ist Selen?
Selen ist ein essentielles Spurenelement, das vorwiegend in der Muskulatur und in der Schilddrüse gespeichert wird.
Welche Aufgaben hat Selen?
Das Spurenelement unterstützt die Immun- und Schilddrüsenfunktion sowie die Fruchtbarkeit des Mannes.
Wie hoch ist der Tagesbedarf?
Männer sollten am Tag 70 Mikrogramm und Frauen 60 Mikrogramm Selen aufnehmen. Sie können den Tagesbedarf an Selen bereits mit einer Paranuss decken.
Welche Symptome treten bei einem Selenmangel auf?
Mögliche Symptome eines Selenmangels sind Müdigkeit, depressive Verstimmungen, eine erhöhte Infektanfälligkeit und Schilddrüsenprobleme.
Worauf sollte man bei Selenpräparaten achten?
Präparate, die die Verbindung Selenomethionin enthalten, werden vom Körper am besten aufgenommen. Nehmen Sie kein Kombi-Präparat mit Selen und Vitamin E ein, da Vitamin E bei einem unentdeckten Selenmangel das Prostatakrebsrisiko erhöhen kann.
Wenn Sie bei ausreichender Selenversorgung zusätzlich Selenpräparate einnehmen, kann sich das Krebsrisiko erhöhen. Eine Selenvergiftung kann zu Mundgeruch, Haarausfall und einer gelben Haut führen.
Quellen
[1] „What is Selenium? | American Nutrition Association“. http://americannutritionassociation.org/newsletter/what-selenium (zugegriffen Juni 27, 2018).
[2] „Chemistry International -- Newsmagazine for IUPAC“. https://www.iupac.org/publications/ci/2011/3305/5_trofast.html (zugegriffen Sep. 05, 2018).
[3] M. P. Rayman, „The importance of selenium to human health“, Lancet, Bd. 356, Nr. 9225, S. 233–241, Juli 2000, doi: 10.1016/S0140-6736(00)02490-9.
[4] I. Elmadfa, Ernährungslehre, 3. Aufl. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, 2015.
[5] G. Bjørklund, „Selenium as an antidote in the treatment of mercury intoxication“, Biometals, Bd. 28, Nr. 4, S. 605–614, Aug. 2015, doi: 10.1007/s10534-015-9857-5.
[6] „Selen“. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/selen/ (zugegriffen Juni 27, 2018).
[7] „Paranuss - Lebensmittel-Warenkunde“. https://lebensmittel-warenkunde.de/lebensmittel/fette-oele/samen-nuesse/paranuss.html (zugegriffen März 13, 2019).
[8] „Lebensmittel | DocMedicus Vitalstofflexikon“. http://www.vitalstoff-lexikon.de/Spurenelemente/Selen/Lebensmittel.html (zugegriffen Sep. 05, 2018).
[9] „Selen - ein guter Schutz für unseren Körper“, Verbraucherzentrale.de. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/selen-ein-guter-schutz-fuer-unseren-koerper-17732 (zugegriffen Juni 27, 2018).
[10] „Selenmangel nimmt zu: Klimawandel hat Einfluss auf unser Essen“. https://www.bzfe.de/inhalt/selenmangel-nimmt-zu-29778.html (zugegriffen Juni 27, 2018).
[11] „Ausgewählte Fragen und Antworten zu Selen“. https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/selen/ (zugegriffen Juni 27, 2018).
[12] Die ganze Welt der Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme. Renningen: garant Verlag GmbH, 2016.
[13] „Selen und Human-Biomitoring Stellungnahme der Kommission ‚Human-Biomonitoring‘ des Umweltbundesamtes“. [Online]. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/dokumente/selen.pdf.
[14] D. Benton und R. Cook, „The impact of selenium supplementation on mood“, Biol. Psychiatry, Bd. 29, Nr. 11, S. 1092–1098, Juni 1991.
[15] „Nahrungsergänzungsmittel“. https://www.bzfe.de/inhalt/pressemeldung-7874.html (zugegriffen Juni 18, 2018).
[16] D. G. Barceloux, „Selenium“, J. Toxicol. Clin. Toxicol., Bd. 37, Nr. 2, S. 145–172, 1999.
[17] „Selen und Vitamin E nur bei Mangel“, DAZ.online, Mai 02, 2014. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2014/05/02/selen-und-vitamin-e-nur-bei-mangel (zugegriffen Juni 27, 2018).
[18] „Selen und Vitamin E“. https://www.bzfe.de/inhalt/pressemeldung-7020.html (zugegriffen Juni 27, 2018).
[19] „Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT): Questions and Answers“, National Cancer Institute, Okt. 31, 2008. https://www.cancer.gov/types/prostate/research/select-trial-results-qa (zugegriffen März 13, 2019).
[20] A. Daragó, A. Sapota, M. Nasiadek, M. Klimczak, und A. Kilanowicz, „The Effect of Zinc and Selenium Supplementation Mode on Their Bioavailability in the Rat Prostate. Should Administration Be Joint or Separate?“, Nutrients, Bd. 8, Nr. 10, Okt. 2016, doi: 10.3390/nu8100601.
[21] „Problematik, Klinik und Beispiele der Spurenelementvergiftung - Selen“. [Online]. Verfügbar unter: https://www.gtfch.org/cms/images/stories/media/tk/tk79_1/mueller1.pdf.
[22] E. J. van Zuuren, A. Y. Albusta, Z. Fedorowicz, B. Carter, und H. Pijl, „Selenium supplementation for Hashimoto’s thyroiditis“, Cochrane Database Syst Rev, Nr. 6, S. CD010223, Juni 2013, doi: 10.1002/14651858.CD010223.pub2.
[23] M. Ventura, M. Melo, und F. Carrilho, „Selenium and Thyroid Disease: From Pathophysiology to Treatment“, Int J Endocrinol, Bd. 2017, 2017, doi: 10.1155/2017/1297658.
[24] A. Drutel, F. Archambeaud, und P. Caron, „Selenium and the thyroid gland: more good news for clinicians“, Clin. Endocrinol. (Oxf), Bd. 78, Nr. 2, S. 155–164, Feb. 2013, doi: 10.1111/cen.12066.
[25] „Pschyrembel Online | endokrine Orbitopathie“. https://www.pschyrembel.de/endokrine%20Orbitopathie/K0FR6/doc/ (zugegriffen Sep. 10, 2018).