Blastozysten sind weltweit verbreitete Einzeller, sogenannte Protozoen, die im menschlichen und tierischen Darm vorkommen. Forschende vermuten, dass sie an der Entstehung diverser Magen-Darm-Beschwerden und Erkrankungen beteiligt sind.
Blastozysten gerieten erst spät in den Fokus von Mediziner*innen und Forscher*innen, da die meisten Betroffenen keine Symptome entwickeln und den Parasiten gar nicht bemerken.
Erfahren Sie hier alles derzeit Bekannte über den verbreiteten Erreger, der noch nicht lange auf der Liste der potenziell krankheitserregenden Parasiten steht. Wir verraten Ihnen, mit welchen Symptomen und Krankheiten er in Verbindung steht, wie er diagnostiziert wird und wie man sich vor ihm schützen kann.
Was sind Blastozysten?
Blastozysten sind einzellige Parasiten, die es sich im Darm ihres Wirtes gemütlich machen. Der Erreger ist in der Medizin unter den Namen Blastocysits hominis und Blastocystis sp. bekannt [1]. Jährlich infizieren sich in Industrienationen bis zu 20 Prozent der Menschen mit Blastozysten – in Entwicklungsländern sogar bis zu 100 Prozent. Damit sind Blastozysten sogar häufiger als andere Protozoen wie beispielsweise die Amöben.
Die Blastozysten sehen aus wie kleine Kügelchen und können in ihren verschiedenen Formen Größen zwischen 5 und 150 Mikrometern einnehmen (Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von etwa 50 Mikrometern [2]).
Die winzigen Organismen können die verschiedensten Formen annehmen und haben außerdem eine hohe genetische Vielfalt: Derzeit sind mindestens 17 Subtypen von Blastozysten entdeckt worden. Einige dieser Subtypen werden häufiger bei bestehenden Beschwerden nachgewiesen, andere dagegen seltener [1], [3].
Es ist derzeit noch unklar, in welcher Form Blastozysten übertragen werden und welche Subtypen bestimmte Krankheitsbilder hervorrufen können.
Blastozystose – noch heute bieten Sie Wissenschaftler*innen Diskussionsbedarf
Blastozysten wurden erst in den 70er Jahren als potenziell schädlich anerkannt – und auch heute haben die Fachleute vieles an dem Erreger noch nicht gänzlich verstanden [4]. Nachdem Blastozysten jedoch gehäuft bei Reiserückkehrern mit Beschwerden wie Durchfall nachgewiesen werden konnten, vermuten einige Forschende, dass die Parasiten krank machen können [1].
Einige Studien weisen außerdem auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Reizdarmsyndrom und Blastozysten-Infektionen hin, da der Erreger bei Betroffenen häufiger nachgewiesen werden konnte [5], [6].
Wie häufig sind Blastozysten-Infektionen und wer ist betroffen?
Blastozysten kommen weltweit häufig vor: 0,5 bis 23,1 Prozent der Bevölkerung in Industrieländern und 22,1 bis 100 Prozent der Bevölkerung in Entwicklungsländern sind mit den Parasiten infiziert [3]. AIDS-Patient*innen sind besonders betroffen: Bei jeder*m zweiten können Blastozysten nachgewiesen werden [7].
Doch nicht immer sind Personen mit nachgewiesenen Blastozysten krank: Eine deutsche Studie konnten bei Routine-Untersuchungen bei bis zu 15 Prozent der darmgesunden Untersuchten Blastozysten feststellen.
Wie werden Blastozysten übertragen?
Wissenschaftler*innen konnten bisher noch nicht abschließend klären, wie Blastozysten in den Körper gelangen. Einige Studien belegen jedoch, dass gewisse Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöhen können.
Risikofaktoren für eine Infektion mit Blastozysten sind [8], [9]:
- Mit Fäkalien kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel
- Aufenthalt in einer Tagespflegeumgebung
- Umgang mit Tieren
- Auslandsreisen und Migration aus betroffenen Regionen
Gut zu wissen: Auch schnelle internationale Lebensmitteltransporte aus Regionen mit verunreinigtem Trinkwasser können die Wahrscheinlichkeit einer Blastozysteninfektion erhöhen [9].
Tiere spielen in der Übertragung von Blastozysten eine Rolle, da auch sie an dem Erreger erkranken und infektiösen Kot ausscheiden. Tiere, bei denen Blastozysten nachgewiesen werden konnten, sind unter anderem [4]:
- Hunde und weitere Vertreter der Hundefamilie (Caniden)
- Schweine
- Primaten
- Nagetiere
- Vögel
Symptome und Verlauf der Blastozysten-Infektion
Auch heute diskutieren Wissenschaftler*innen noch darüber, ob Blastozysten tatsächlich krankheitserregend sind, denn wie auch bei der parasitären Protozoe Entamoeba histolytica bleibt eine Infektion mit dem Erreger bei vielen Menschen aufgrund fehlender Symptome lange unbemerkt [1], [8], [10]. Ohne eine Behandlung kann der Parasit Wochen bis Jahre im Darm von Infizierten überleben [8].
Bei einer Infektion mit Blastozysten, auch Blastozystose genannt, können vermutlich folgende Symptome auftreten [8], [11]:
- Wässriger Stuhlgang oder Durchfall
- Bauchschmerzen oder Blähungen
- Übelkeit oder unerklärlicher Gewichtsverlust
- Jucken im Analbereich
- Verstopfung
Wie lange eine Blastozysten-Infektion anhält, ist nicht abschließend geklärt. Einige Infektionen dauern Wochen, doch auch Infektionen über Monate oder Jahre sind beobachtet worden. Darüber hinaus konnten Patient*innen trotz fortbestehender Infektion asymptomatisch werden, das heißt die Beschwerden gingen zurück.
Wie wird eine Blastozysten-Infektion diagnostiziert?
Für Ärzt*innen stellt die Diagnose eine Herausforderung dar, denn die Beschwerden kommen auch bei anderen häufigen Erkrankungen vor. So ist eine sorgfältige Diagnosestellung notwendig, um bakterielle Infektionen, durch Medikamente oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten verursachte Beschwerden sowie Erkrankungen wie Zöliakie oder Darmkrebs als Ursache der Symptome auszuschließen [9].
Eine Blastozysten-Infektion wird meistens in einer Stuhlprobe des*r Infizierten nachgewiesen. Dabei untersucht ein Labor die abgegebene Stuhlprobe auf den Erreger [8].
Da viele Menschen mit einer Blastozysten-Besiedelung des Darms keine gesundheitlichen Einschränkungen haben, versuchen Ärzt*innen in der Regel zunächst die anderen in Frage kommenden Ursachen für die Beschwerden auszuschließen [8].
Behandlung der Blastozysten-Infektion
Da Wissenschaftler*innen noch nicht endgültig erforscht haben, ob und unter welchen Umständen die Blastozysten krankheitserregend sind, verabreichen Ärzt*innen Medikamente nur, wenn sie keine anderen Ursachen für die Beschwerden finden. In der Regel wird eine Infektion mit Blastozysten dann über drei bis 10 Tage mit Antibiotika behandelt. Blastozysten-Infektionen sind derzeit nicht meldepflichtig [12] [13].
So schützen Sie sich und andere vor Blastozysten
Sie können eine Infektion mit Blastozysten durch Hygienemaßnahmen vorbeugen. Sinnvoll sind vor allem Händewaschen nach dem Toilettengang oder dem Windeln wechseln sowie vor der Zubereitung von Lebensmitteln. Achten Sie auch nach oder beim Umgang mit Tieren auf eine gute Hygiene und waschen Sie sich regelmäßig die Hände.
Waschen und schälen Sie rohes Gemüse und Früchte vor dem Verzehr. In Ländern, in denen das Leitungswasser womöglich unsicher ist, sollten Sie Leitungswasser abkochen oder nur Getränke aus versiegelten Flaschen oder Dosen trinken [8].
Falls bei Ihnen Blastozysten diagnostiziert wurden, reicht eine gute persönliche Hygiene wie gründliches Händewaschen mit Seife und warmem Wasser nach dem Toilettengang in der Regel aus, um eine Übertragung auf andere zu vermeiden [8].
Blastozysten - Auf einen Blick
Was sind Blastozysten?
Blastozysten sind einzellige Parasiten, die weltweit verbreitet sind und im Darm von Menschen und Tieren vorkommen können. Die Übertragung von Blastozysten erfolgt fäkal-oral durch kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel oder im engen Kontakt mit Tieren.
Welche Symptome hat man bei einer Blastozysten-Infektion?
Viele mit Blastozysten infizierte Menschen haben keine Symptome und bemerken eine Erkrankung gar nicht. Andere leiden unter Durchfällen, Bauchschmerzen und Blähungen. Foscher*innen bringen eine Blastozysten-Infektion auch mit dem Reizdarmsyndrom in Verbindung.
Wie werden Blastozysten behandelt?
Blastozysten werden durch die Gabe von Antibiotika über einen Zeitraum von 3 bis 10 Tagen behandelt.
Quellenangaben
[1] G. Darai, M. Handermann, H.-G. Sonntag, und L. Zöller, Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen: Erreger, Symptome, Diagnose, Therapie und Prophylaxe. Springer-Verlag, 2012.
[2] „groessenvergleich.pdf“. Zugegriffen: Juli 06, 2021. [Online]. Verfügbar unter: https://www.umweltanalytik.com/daten/groessenvergleich.pdf
[3] A. Seyer u. a., „Epidemiology and Prevalence of Blastocystis spp. in North Cyprus“, Am J Trop Med Hyg, Bd. 96, Nr. 5, S. 1164–1170, Mai 2017, doi: 10.4269/ajtmh.16-0706.
[4] „CDC - DPDx - Blastocystis hominis“, Okt. 21, 2019. https://www.cdc.gov/dpdx/blastocystis/index.html (zugegriffen Juli 06, 2021).
[5] W. Jafri, N. JAFRI, R. KHAN, M. Islam, M. BEG, und V. ZAMAN, „Irritable bowel syndrome: in search of an etiology: role of Blastocystis hominis.“, The American journal of tropical medicine and hygiene., Bd. 70, Nr. 4, S. 383, 2004.
[6] A. Giacometti, O. Cirioni, A. Fiorentini, M. Fortuna, und G. Scalise, „Irritable bowel syndrome in patients with Blastocystis hominis infection“, European Journal of Clinical Microbiology and Infectious Diseases, Bd. 18, Nr. 6, S. 436–439, 1999.
[7] H. Mehlhorn, Die Parasiten des Menschen: Erkrankungen erkennen, bekämpfen und vorbeugen. Springer-Verlag, 2012.
[8] C.-C. for D. C. and Prevention, „CDC - Blastocystis - Frequently Asked Questions (FAQs)“, Sep. 16, 2020. https://www.cdc.gov/parasites/blastocystis/faqs.html (zugegriffen Juli 06, 2021).
[9] S. Majer und A. Neumayr, „Parasiten des Gastrointestinaltraktes“, Swiss Med Forum, Bd. 15, Nr. 11, März 2015, doi: 10.4414/smf.2015.02187.
[10] C. H. Zierdt, „Blastocystis hominis--past and future“, Clinical microbiology reviews, Bd. 4, Nr. 1, S. 61–79, 1991.
[11] D. A. Laksemi, L. T. Suwanti, M. Mufasirin, K. Suastika, und M. Sudarmaja, „Opportunistic parasitic infections in patients with human immunodeficiency virus/acquired immunodeficiency syndrome: a review“, Veterinary world, Bd. 13, Nr. 4, S. 716, 2020.
[12] „RKI - Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger“. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/Meldepflichtige_Krankheiten/Meldepflichtige_Krankheiten_node.html (zugegriffen Juli 15, 2021).
[13] C.-C. for D. C. and Prevention, „CDC - Blastocystis - Resources for Health Professionals“, Mai 20, 2020. https://www.cdc.gov/parasites/blastocystis/health_professionals/index.html (zugegriffen Juli 13, 2021).