Viele Menschen haben schon von Faszien gehört. Sie werden erforscht, in Fitnesskursen mit Faszienrollen geknetet und im Profisport auch gezielt trainiert. Faszien sind Schichten des Bindegewebes, sie ziehen sich netzartig durch den Körper, umhüllen Nerven, Organe und Muskeln. Sie sorgen für die nötige Körperspannung und geschmeidige Bewegungen. In Faszien sitzen mehr Schmerzsensoren als in Muskeln, deshalb werden sie immer öfter mit Schmerzen und Verspannungen in Nacken, Rücken oder Schultern in Verbindung gebracht [1]. Vielleicht haben Sie auch schon von „verklebten“ Faszien gehört – ein Phänomen, das unter Fachleuten viel diskutiert wird.
Wir erklären Ihnen, welche Aufgaben Faszien im Körper übernehmen, warum Faszien Beschwerden auslösen können und wie Sie Ihre Faszien gesund halten können.
Faszien im Überblick
- Faszien sind Teil unseres Bindegewebes und bieten Haut, Nerven, Muskeln und Organen Schutz, Flexibilität und Halt.
- Bewegungsmangel, chronischer Stress und zu wenig Flüssigkeit schaden den Faszien.
- Schäden an den Faszien können Schmerzen und Verspannungen verursachen. Gezielte Bewegung, Entspannungstechniken, Dehnen und eine Massage mit der Faszienrolle können helfen.
- Eine ausgewogene, proteinreiche Ernährung und ausreichend Flüssigkeit (am besten zwei Liter Wasser am Tag) unterstützen gesunde Faszien.
Was sind Faszien?
Wer schon einmal Hähnchenbrust geschnitten hat, kennt die milchig-weiße, dünne und elastische Haut, eine Art Film, die das Fleisch umhüllt: Das sind die Faszien, die auch im menschlichen Körper zu finden sind. Die Faszien, auch Bindegewebe genannt, verlaufen wie ein Netzwerk durch den gesamten Körper. Das Gewebe besteht aus Kollagen, Elastin, weiteren Eiweißbausteinen und viel Wasser. Es verbindet Sehnen, Muskeln, Knochen, Bänder und Nerven und umhüllt die Organe. Das Gewebenetz beeinflusst den Stoffwechsel, speichert Wasser sowie Energie und leitet Informationen weiter. Es ist für die Struktur, Beweglichkeit und Festigkeit des Körpers zuständig.
Faszien bestehen aus mehreren Schichten, die ineinander übergehen. Zwischen manchen Schichten befinden sich sogenannte Gleit- oder Verschiebeschichten. Sie sind mit Flüssigkeit gefüllt und unterstützen die Beweglichkeit. Man unterscheidet vier Faszienschichten [2]:
- Die oberflächliche Faszie ist die äußerste Schicht unter der Haut und umgibt den gesamten Rumpf, Arme und Beine. Sie ist locker und sehr beweglich.
- Die tiefe Faszie umhüllt Muskeln, Sehnen, Bänder und Muskelgruppen. Das Gewebe ist dicht, fest und überträgt die Kraft, wenn sich ein Muskel bewegt – auch auf entferntere Bereiche des Körpers.
- Die meningeale Faszie umhüllt, fixiert und schützt Nervenfasern und Nervenfaserbündel.
- Die viszerale Faszie umgibt die Körperhöhlen mit ihren Organen, wie Brustkorb, Herzbeutel, Bauchraum oder Becken. In dieser Faszienschicht laufen Gefäß- und Nervenstränge zu den Organen.
Interessant: Früher ging man davon aus, dass Faszien eine Grenze zwischen den Muskeln bilden. Forschende konnten aber mittlerweile nachweisen, dass sie mehrere Muskelgruppen miteinander verbinden können – teils von Kopf bis Fuß. Diese sogenannten Muskel-Faszien-Ketten könnten beispielsweise erklären, warum Schmerzen manchmal in entfernten Körperregionen auftreten und nicht dort, wo die eigentliche Ursache liegt [3].
Welche Aufgaben haben Faszien?
Faszien übernehmen verschiedene Aufgaben im Körper [2]:
- Faszien sind wichtig für die Körperwahrnehmung. In ihnen sitzen viele Sensoren, so genannte Propriozeptoren. Sie helfen uns, die Stellung und Bewegung unserer Gelenke und Muskulatur wahrzunehmen und uns zu koordinieren.
- Faszien können über ihre Sensoren Schmerz wahrnehmen und zum Nervensystem weiterleiten.
- Faszien schützen und stützen Muskeln, Knochen, Organe, Gefäß- und Nervenleitungen. Sie geben uns die nötige Körperspannung, die wir beispielsweise brauchen, um aufrecht stehen zu können.
- Faszien sorgen dafür, dass benachbarte Muskelpartien bei Bewegung geschmeidig aneinander gleiten.
- Während einer Bewegung übertragen die Faszien die Kraft zwischen Muskeln, Sehnen und Bändern.
- Wenn sich ein Muskel zusammenzieht, sorgen Faszien für die Rückfederung. Eine Art Katapulteffekt lässt Faszien und Sehnen wie Gummibänder losschnellen. Damit bringen sie zum Beispiel die nötige Spannung in Sprünge und Sprints.
Gut zu wissen: Faszien sorgen dafür, dass unserer Organe und andere Körperteile immer an Ort und Stelle bleiben. Gleichzeitig erlauben sie aber, dass Organe sich in bestimmten Situationen etwas verschieben können. Beispielsweise muss das bei der Atmung, der Verdauung oder während einer Schwangerschaft passieren [2].
Können Faszien verkleben?
Die Frage danach, ob Faszien wirklich verkleben können, beschäftigt derzeit die Forschung. Aktuell gibt es keine zuverlässigen wissenschaftlichen Tests, mit denen man eine Verklebung von Faszien feststellen kann [4].
Man vermutet aber, dass Faszien auf verschiedene äußere Einflüsse reagieren und es deshalb auch zu körperlichen Beschwerden wie Muskelsteifheit und Muskelschmerzen kommen kann. Als mögliche Ursachen kommen beispielsweise infrage:
Bewegungsmangel: Zwischen den Faszienschichten befindet sich eine Flüssigkeit, die unsere geschmeidigen Bewegungen ermöglicht. Der Hauptbestandteil der Flüssigkeit ist Hyaluronsäure. Durch Bewegung wird sie flüssig und kann die betreffenden Muskeln und Sehnen gut schmieren. Wenn wir uns wenig bewegen, wird die Hyaluronsäure fester. Das könnte beispielsweise erklären, warum wir uns morgens nach dem Aufstehen oft etwas steif fühlen [5].
Was ist Hyaluronsäure? Hyaluronsäure, auch Hyaluron genannt, ist ein zuckerähnliches Molekül, das große Mengen an Wasser binden kann: bis zu sechs Liter pro Gramm. Darauf beruht sein feuchtigkeitsspendender Effekt, der auch in Kosmetikprodukten genutzt wird. Unser Körper stellt selbst Hyaluronsäure her, sie ist wichtiger Bestandteil von Faszien, Knorpeln und Gelenkflüssigkeit [5].
Das Alter: Mit zunehmenden Alter sinkt der Anteil von Wasser in unserem Körpers. Das wirkt sich auch auf unsere Faszien aus: Der wässrige Anteil des Fasziengewebes nimmt ab, während der Kollagenfaseranteil größer wird. Dadurch sind Betroffene in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und leiden öfter unter Schmerzen [6].
Stress: Inwieweit Stress zu Muskelversteifungen führen kann, wird derzeit noch erforscht. Bei Stress und Anspannung schüttet unser Körper das Hormon Adrenalin aus. Fachleute vermuten, dass Adrenalin die Bildung von Entzündungsstoffen anregt, die in den Faszien gespeichert werden und sie steifer und unbeweglicher machen. Typische Stress-Symptome wie Rücken-, Nacken- und Gelenkschmerzen können dann auftreten [7].
Weitere mögliche Ursachen, die zu Veränderung des Fasziengewebes führen können, sind beispielsweise Überlastungen im Bewegungsapparat, Medikamente, entzündliche Prozesse und Verletzungen [2].
So pflegen Sie Ihre Faszien!
Faszien verlaufen wie ein Netzwerk durch unseren Körper und geben ihm Schutz, Halt, Spannung und Beweglichkeit. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Faszien gesund halten. Das sind unsere Tipps:
Bewegung
Regelmäßige Bewegung hält die Faszien beweglich und geschmeidig. Ideales Faszientraining sind komplexe, mehrgelenkige Übungen wie beim Yoga oder in der funktionellen Gymnastik, aber auch alle federnden Bewegungen beim dynamischen Dehnen sowie Sprünge, etwa mit dem Seil oder auf dem Trampolin. Auch Übungen mit einer Faszienrolle können hilfreich sein und Verspannungen lösen [8].
Stressabbau und Entspannung
Zu viel Stress sorgt dafür, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes angespannt sind und diese Anspannung auch dauerhaft in den Muskeln und Faszien steckt. Nehmen Sie sich gezielte Auszeiten, in denen Sie sich von einem stressigen Alltag erholen. Entspannungstechniken wie Yoga sind besonders hilfreich [9].
Ernährung
Faszien bestehen zu einem Großteil aus Wasser. Um die Faszien beweglich und geschmeidig zu halten, sollten Sie regelmäßig trinken – am besten 1,5 bis zwei Liter Wasser oder ungesüßte Tees am Tag.
Eiweißbausteine (Aminosäuren) sind eine wichtige Bausubstanz der Faszien. Um das Bindegewebe herzustellen, braucht der Körper also selbst eine ausreichende Eiweißzufuhr über die Nahrung. Proteine aus tierischen Lebensmitteln kann der Körper besser verwerten, daher sollten Vegetarier*innen und Veganer*innen hochwertiges pflanzliches Eiweiß essen, etwa aus Hülsenfrüchten wie Erbsen, Linsen oder Bohnen.
Quellen
[1] C. A. A. Gonzalez u. a., „Frontiers in fascia research“, Journal of Bodywork and Movement Therapies, Bd. 22, Nr. 4, S. 873–880, Okt. 2018, doi: 10.1016/j.jbmt.2018.09.077.
[2] Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, „Faszien und Fasziensystem“, 1. März 2021. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/koerper/bewegungsapparat/faszien.html (zugegriffen 20. Dezember 2022).
[3] J. Wilke, F. Krause, L. Vogt, und W. Banzer, „What Is Evidence-Based About Myofascial Chains: A Systematic Review“, Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, Bd. 97, Nr. 3, S. 454–461, März 2016, doi: 10.1016/j.apmr.2015.07.023.
[4] L. Remvig, R. M. Ellis, und J. Patijn, „Myofascial release: an evidence-based treatment approach?“, International Musculoskeletal Medicine, Bd. 30, Nr. 1, S. 29–35, März 2008, doi: 10.1179/175361408X293272.
[5] R. L. Pratt, „Hyaluronan and the Fascial Frontier“, Int J Mol Sci, Bd. 22, Nr. 13, S. 6845, Juni 2021, doi: 10.3390/ijms22136845.
[6] „Myofascial pain syndrome - Symptoms and causes“, Mayo Clinic. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/myofascial-pain-syndrome/symptoms-causes/syc-20375444 (zugegriffen 20. Dezember 2022).
[7] N. Barsotti, M. Chiera, D. Lanaro, und M. Fioranelli, „Impact of stress, immunity, and signals from endocrine and nervous system on fascia“, FBE, Bd. 13, Nr. 1, Art. Nr. 1, Okt. 2020, doi: 10.2741/870.
[8] R. Schleip und D. G. Müller, „Training principles for fascial connective tissues: scientific foundation and suggested practical applications“, J Bodyw Mov Ther, Bd. 17, Nr. 1, S. 103–115, Jan. 2013, doi: 10.1016/j.jbmt.2012.06.007.
[9] „Muscle Pain: It May Actually Be Your Fascia“, 8. August 2021. https://www.hopkinsmedicine.org/health/wellness-and-prevention/muscle-pain-it-may-actually-be-your-fascia (zugegriffen 20. Dezember 2022).