Wenn die Schilddrüse zu viele Hormone produziert, steckt häufig ein Morbus Basedow dahinter. Die Autoimmunerkrankung löst nicht nur eine Schilddrüsenüberfunktion aus und bringt den Stoffwechsel durcheinander, sondern wirkt sich auch auf die Augen aus.
Die Schilddrüse ist ein kleines Organ, das lebenswichtige Hormone produziert. Dabei ist das richtige Maß entscheidend: Stellt sie zu viele oder zu wenige der Hormone her, kommt es zu Problemen im ganzen Körper. Eine häufige Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion ist die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow.
Lesen Sie in diesem Artikel, was die Risikofaktoren für die Krankheit sind, wie Sie die Symptome richtig deuten und welche Optionen es für Diagnose und Therapie gibt.
Morbus Basedow auf einen Blick
Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenüberfunktion auslöst.
Die Ursachen sind nicht genau bekannt. Die genetische Veranlagung scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Stress und Rauchen erhöhen das Risiko.
Typische Symptome sind erhöhter Herzschlag, ein sichtbarer Kropf am Hals und hervortretende Augen. Außerdem kommt es zu Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion, wie Schlafproblemen, starkes Schwitzen, Nervosität und Gewichtsverlust.
Ärzt*innen messen meist Schilddrüsenhormone und bestimmte Antikörper, um Morbus Basedow festzustellen. Zur Behandlung kommen Medikamente zum Einsatz, die den Spiegel der Schilddrüsenhormone senken, oder eine Therapie mit radioaktivem Jod. In seltenen Fällen ist eine Operation nötig.
Was ist Morbus Basedow?
Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass sich das Immunsystem von Betroffenen gegen den eigenen Körper wendet. Sogenannte Autoantikörper entstehen und bringen die Abwehrkräfte dazu, Gewebe im Körper anzugreifen. Im Fall von Morbus Basedow werden bestimmte Zellen in der Schilddrüse attackiert.
Morbus Basedow eine häufige Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion, in vielen Regionen der Welt sogar die häufigste [1].
Was passiert bei Morbus Basedow im Körper?
In der Schilddrüse entstehen Autoantikörper, also Antikörper gegen körpereigenes Gewebe. In diesem Fall sind das die TSH-Rezeptor-Autoantikörper. Sie binden an die TSH-Rezeptoren – diese Rezeptoren empfangen das Hormon TSH, das vom Gehirn ausgesandt wird. Auf diesem Weg teilt das Gehirn der Schilddrüse mit, wenn sie neue Schilddrüsenhormonen produzieren soll. Die Antikörper haben einen ähnlichen Effekt auf die Rezeptoren. Sie bringen die Schilddrüse allerdings dazu, Hormone zu bilden, obwohl bereits genug vorhanden sind. So kommt es auf Dauer zur Schilddrüsenüberfunktion.
Woher kommt der Name „Morbus Basedow“? Carl Adolph von Basedow war 1840 der erste, der Morbus Basedow und seine Symptome auf Deutsch dokumentierte. Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet „Morbus“ „Krankheit“. Im Englischen wird die Krankheit „Graves‘ disease“ genannt, nach dem irischen Arzt James Robert Graves, der sie fast zur selben Zeit beschrieb wie Basedow.
Wer ist von Morbus Basedow betroffen?
Frauen sind von Morbus Basedow deutlich häufiger betroffen als Männer, mindestens fünfmal so oft [2].
Meistens tritt die Krankheit im mittleren Lebensalter, zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf, seltener bei Jugendlichen und Kindern oder Älteren [3].
Ursachen und Risikofaktoren von Morbus Basedow
Wissenschaftler*innen wissen noch nicht genau, warum Autoimmunerkrankungen entstehen – das gilt auch für Morbus Basedow.
Doch es scheint einige Umstände zu geben, die dazu beitragen, dass sich die Krankheit entwickelt. Ziemlich sicher spielt eine genetische Veranlagung eine Rolle. Wenn es bereits Fälle von Morbus Basedow in Ihrer Familie gibt, ist auch für Sie das Risiko erhöht.
Manche Autoimmunerkrankungen treten außerdem häufig zusammen auf. Wenn Sie zum Beispiel unter Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), Diabetes Typ 1 oder rheumatoider Arthritis leiden, ist auch das Risiko für Morbus Basedow größer.
Außerdem gelten psychischer Stress und Zigarettenrauchen als Risikofaktoren. Häufig tritt die Krankheit sehr plötzlich in schwierigen, belastenden Lebenssituationen auf [2].
Wussten Sie das? Während Morbus Basedow eine Schilddrüsenüberfunktion verursacht, gibt es aber auch eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die eine Schilddrüsenunterfunktion auslöst, die Hashimoto-Thyreoiditis.
Symptome von Morbus Basedow
Wenn Sie unter Morbus Basedow leiden, dann zeigen sich meist Symptome der Schilddrüsenüberfunktion. Dazu gehören Schlafprobleme, starkes Schwitzen, Nervosität, Konzentrationsschwäche, Muskelschmerzen, Gewichtsverlust und Magen-Darm-Beschwerden.
Dazu kommen drei weitere Symptome, die typisch für Morbus Basedow sind. Sie werden auch nach dem Ort ihrer Entdeckung als “Merseburger Trias“ bezeichnet [5],[6]:
- Beschleunigter Herzschlag
- Kropf (Struma), also eine sichtbare Schwellung am Hals
- Hervortretenden Augen
Augenprobleme
In 25 Prozent der Fälle sind auch die Augen betroffen. Dann kommt es zu einem sogenannten Exophtalmus. Die Augen treten weiter aus den Augenhöhlen hervor und sehen dadurch größer und aufgerissen aus [6].
Weitere Symptome, die sich dadurch an den Augen zeigen können sind:
- Fremdkörpergefühl / Druckgefühl
- Starkes Tränen
- Rötungen
- Angeschwollene Lider
- Sehstörungen (zum Beispiel Doppelbilder)
Diagnose und Therapie von Morbus Basedow
Morbus Basedow ist nicht heilbar. Allerdings bildet sich die Krankheit manchmal von selbst zurück – und wenn sie einmal diagnostiziert ist, lassen sich die Beschwerden lindern, meist mit Medikamenten oder einer Radiojodtherapie. Bei dieser Therapieform nehmen Betroffene radioaktives 131-Jodid in Kapselform ein.
Wie wird Morbus Basedow festgestellt?
Häufig wird zuerst eine Schilddrüsenüberfunktion entdeckt, für die Ärzt*innen dann die Ursache suchen. Dazu werden vor allem die Schilddrüsenhormone TSH, T3 und T4 im Blut untersucht. Gerade für Morbus Basedow gibt es dann einige mögliche körperliche Anzeichen, die erfahrene Fachärzt*innen auf die richtige Fährte bringen: Typisch sind ein Kropf am Hals und hervorstehende Augen.
Im Blut können Labore die Autoantikörper feststellen, die das Immunsystem bei Morbus Basedow bildet. Dieser Blutwert ist ein wichtiger Hinweis auf die Autoimmunerkrankung. Gibt es danach noch keinen klaren Befund, setzen Ärzt*innen auch einen Ultraschall der Schilddrüse oder andere bildgebende Verfahren ein [7].
Wie wird Morbus Basedow behandelt?
Morbus Basedow ist nicht heilbar, aber die Beschwerden lassen sich in vielen Fällen gut behandeln. Oft gehen die Symptome durch die passende Therapie dauerhaft zurück, aber auch Rückfälle sind möglich.
Die wichtigsten Therapienformen sind:
- Medikamente, die die Schilddrüse hemmen
- Radiojodtherapie
In seltenen, schweren Fällen kommt auch eine Operation zum Einsatz. Die Schilddrüse wird dann ganz oder teilweise entfernt. Betroffene müssen für den Rest ihres Lebens Schilddrüsenhormone als Medikamente einnehmen. Wie bei jeder Operation gibt es ein kleines Risiko für Komplikationen – zum Beispiel können die Stimmbandnerven verletzt werden, was zu dauerhafter Heiserkeit führen kann [6].
Medikamente
Die medikamentöse Therapie ist im deutschsprachigen Raum in der Regel die erste Maßnahme, die Ärzt*innen verordnen. Nur wenn die Medikamente nicht ausreichen, folgen weitere Therapien, meist zunächst die Radiojodtherapie.
Die Medikamente, die zum Einsatz kommen, sorgen dafür, dass weniger der Schilddrüsenhormone T3 und T4 im Blut zirkulieren. Das wirkt der Schilddrüsenüberfunktion entgegen, die durch den Morbus Basedow entsteht. In der Regel nehmen Erkrankte die Medikamente 12 bis 18 Monate lang ein. Bei rund 50 Prozent der Betroffenen bessern die Beschwerden sich dadurch dauerhaft. Es kann aber auch zu Rückfällen kommen, wenn die Medikamente abgesetzt werden.
Zusätzlich kommen oft Wirkstoffe gegen bestimmte Symptome der Schilddrüsenüberfunktion zum Einsatz, zum Beispiel gegen den beschleunigten Herzschlag und Bluthochdruck. Treten Augenprobleme auf, werden oft zusätzlich kortisonhaltige Präparate verordnet – in Absprache mit Augenärzt*innen können auch weitere Behandlungen nötig sein [8].
Gut zu wissen: Die „Thyreostatika“, also Medikamente gegen Schildrüsenüberfunktion, wirken auf unterschiedliche Weise. Manche sorgen dafür, dass die Schilddrüse weniger Jod aufnimmt. Andere hemmen ein Enzym, das für die Bildung der Hormone wichtig ist. Wieder andere bewirken, dass die Schilddrüsenhormone nicht freigesetzt werden können [8].
Radiojodtherapie
Die Radiojodtherapie ist eine etablierte Maßnahme gegen eine Schilddrüsenüberfunktion. Sie verkleinert effektiv die Schilddrüse, ohne dass eine Operation nötig ist.
Betroffene nehmen eine Kapsel ein, die radioaktives 131-Jodid enthält. Trotzdem ist in der Regel ein Aufenthalt im Krankenhaus nötig – um die radioaktive Strahlung von anderen Menschen abzuschirmen und um Sie überwachen zu können.
Das radioaktive Jodid lagert sich in der Schilddrüse ab und zerstört dort Zellen, die dazu da sind, Jod aufzunehmen. Das Jod wiederum braucht die Schilddrüse, um ihre Hormone herzustellen. Durch die Radiojodtherapie kann das Organ also dauerhaft weniger Hormone bilden, was der Schilddrüsenüberfunktion und ihren Folgen entgegenwirkt. Behandelte müssen für den Rest ihres Lebens Schilddrüsenhormone als Tabletten einnehmen [9].
Quellen
[1] National Health Services (NHS), „Overactive thyroid (hyperthyroidism) - Causes“, nhs.uk, 3. Oktober 2018. https://www.nhs.uk/conditions/overactive-thyroid-hyperthyroidism/causes/ (zugegriffen 1. Dezember 2020).
[2] H. U. Zieren, B. M. Leu, und M. Dietlein, „Bei diesen Symptomen sollten Sie an eine Hyperthyreose denken!“, MMW - Fortschritte Med., Bd. 160, Nr. 17, S. 38–42, Okt. 2018, doi: 10.1007/s15006-018-0982-2.
[3] P. Rodien, „Graves’ Disease in the Young: Could We Change the Weather?“, J. Clin. Endocrinol. Metab., Bd. 107, Nr. 5, S. e2186–e2187, Dez. 2021, doi: 10.1210/clinem/dgab909.
[4] S. D. Leo, S. Y. Lee, und L. E. Braverman, „Hyperthyroidism“, The Lancet, Bd. 388, Nr. 10047, S. 906–918, Aug. 2016, doi: 10.1016/S0140-6736(16)00278-6.
[5] Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ) und Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, „S1-Leitlinie ‚Hyperthyreose‘“, 2011, Zugegriffen: 26. November 2020. [Online]. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/027-041l_S1_Hyperthyreose_2011-abgelaufen.pdf
[6] L. Bartalena, „Diagnosis and management of Graves disease: a global overview“, Nat. Rev. Endocrinol., Bd. 9, Nr. 12, Art. Nr. 12, Dez. 2013, doi: 10.1038/nrendo.2013.193.
[7] B. Goichot u. a., „Diagnostic procedure in suspected Graves’ disease“, Ann. Endocrinol., Bd. 79, Nr. 6, S. 608–617, Dez. 2018, doi: 10.1016/j.ando.2018.08.002.
[8] I. Subekti und L. A. Pramono, „Current Diagnosis and Management of Graves’ Disease“, Acta Medica Indones., Bd. 50, Nr. 2, S. 177–182, Apr. 2018.
[9] M. Dietlein, F. Grünwald, M. Schmidt, P. Schneider, F. Verburg, und M. Luster, „Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen (Version 5)*: DGN-Handlungsempfehlung (S1-Leitlinie)“, Nuklearmedizin, Bd. 55, Nr. 06, S. 213–220, 2016, doi: 10.3413/Nukmed-0823-16-04.
[10] „Corona: Entwurf für Infektionsschutzgesetz sieht Maskenpflicht in Innenräumen vor“, Der Spiegel, 3. August 2022. Zugegriffen: 3. August 2022. [Online]. Verfügbar unter: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-entwurf-fuer-infektionsschutzgesetz-sieht-maskenpflicht-in-innenraeumen-vor-a-3cd4fef8-3c7a-442c-a72e-c22745d0418a