Die mentale Gesundheit ist entscheidend für Ihr Wohlbefinden, Ihre Leistungsfähigkeit und das Risiko von Krankheiten. Sie können Ihre psychische Gesundheit im Alltag stärken – sollten aber auch erkennen, wann es sinnvoll ist, sich Hilfe zu suchen.
Mentale Gesundheit bedeutet mehr als nur, nicht psychisch krank zu sein – auch das allgemeine Wohlbefinden ist ein wichtiger Teil davon. Ihre psychische Gesundheit ist eine Voraussetzung dafür, dass Sie sich gut fühlen, produktiv sind und voll am Leben teilnehmen können.
Leider gibt es rund um die mentale Gesundheit immer noch viele Vorurteile, Mythen und gut gemeinte, aber vollkommen fehlplatzierte Ratschläge. Deswegen ist es so wichtig, ein Bewusstsein für die mentale Gesundheit zu schaffen und Menschen dabei zu unterstützen, sich zu informieren, psychische Leiden zu erkennen und sich Hilfe zu holen. Lesen Sie in diesem Artikel, was alles zur mentalen Gesundheit gehört, wie Sie zur Prävention psychischer Erkrankungen beitragen können und wie Sie sich Hilfe suchen, wenn die Psyche leidet.
Was ist mentale Gesundheit?
Mentale Gesundheit wird in der Regel als Synonym für die psychische Gesundheit wahrgenommen und grob von der körperlichen Gesundheit abgegrenzt. Ganz trennen lassen sich beide Bereich nicht, denn die Psyche ist genauso Teil des Körpers – sie wird schließlich vor allem vom Gehirn gesteuert.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert psychische Gesundheit als einen „Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fertigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann“. Zur mentalen Gesundheit gehört also auch [1]:
- Wohlbefinden
- Die eigenen Fertigkeiten kennen und anwenden
- Alltägliche Belastungen bewältigen können
- Produktiv arbeiten können
Natürlich müssen diese Dinge nicht immer alle gleichzeitig zu hundert Prozent erfüllt sein. Es ist auch für mental gesunde Menschen ganz normal, hin und wieder traurig, niedergeschlagen oder erschöpft zu sein.
Was beeinflusst die mentale Gesundheit?
Die mentale Gesundheit wird massiv von Ihren sozialen Umständen und Ihrer Umgebung beeinflusst. Sprich: Beruf, Familie, Beziehung, Sozialleben, Hobbys, Wohnort, sozioökonomischer Status – all das beeinflusst sie. Aber auch Ihr allgemeiner Gesundheitszustand spielt eine wichtige Rolle. Verschiedene Krankheiten und ein ungesunder Lebensstil zum Beispiel können sich negativ auf die Psyche auswirken, ebenso Ihre Gene, wie Sie aufgewachsen sind und was sich in Ihrem Leben abspielt.
Warum ist die mentale Gesundheit so wichtig?
Zum einen ist mentale Gesundheit wichtig, weil sie davor schützen kann, nicht psychisch krank zu werden. Depression, Angststörungen, Schizophrenie und weitere psychische Störungen sind ernstzunehmende Erkrankungen, die Ihre Lebensqualität deutlich schmälern und in seltenen Fällen sogar lebensbedrohlich sein können.
Nicht nur das: Psychische Erkrankungen erhöhen auch nachgewiesenermaßen das Risiko anderer Krankheiten, etwa von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs [1],[2].
Aber auch darüber hinaus ist die mentale Verfassung entscheidend dafür, ob Sie glücklich durch den Tag gehen und die Herausforderungen, die sich Ihnen stellen, meistern können. Ihre psychische Gesundheit entscheidet unter anderem darüber, wie Sie sich fühlen und was Sie leisten können.
Wie stärke ich meine mentale Gesundheit? 6 Tipps
Körperliche und psychische Gesundheit beeinflussen sich gegenseitig und lassen sich oft gar nicht klar voneinander trennen. So äußern sich Depressionen und Ängste oft durch Kopfschmerzen, Rückenprobleme oder Magen-Darm-Beschwerden, auch die Symptome von Stress betreffen oft den ganzen Körper.
Auf der anderen Seite kann ein gesunder Körper dazu beitragen, psychischen Problemen vorzubeugen. Das bedeutet nie einen hundertprozentigen Schutz – denn es gibt unzählige verschiedene Ursachen, die dazu beitragen, dass eine psychische Krankheit entsteht. Dazu gehören auch Dinge, die Sie nicht beeinflussen können, wie Ihre genetische Veranlagung, ein Trauma in der Kindheit oder schlimme Lebensereignisse. Kommen solche Auslöser zusammen, hilft auch der gesündeste Lebensstil wenig. Dann gilt es, sich professionelle Hilfe zu holen.
Dennoch lohnt es sich, im Alltag daran zu arbeiten, Ihre mentale Gesundheit zu stärken. Jeder kann davon profitieren – nicht nur, wer gefährdet ist, eine psychische Krankheit zu entwickeln. Wie oben beschrieben: Mentale Gesundheit bedeutet auch Wohlbefinden. Wir haben Ihnen sechs Tipps dafür zusammengestellt, inklusive Verlinkungen zu vielen unserer anderen Artikel, in denen Sie Empfehlungen für einen gesunden Lebensstil finden:
Wichtig: Wenn ständiger Streit in der Beziehung, chronischer Stress im Job oder andere Lebenssituationen Sie unglücklich machen, arbeiten Sie nicht nur an sich selbst – versuchen Sie auch, Ihre Situation zu verändern.
Tipp 1: Hilfe holen
Wenn Sie merken, dass es Ihnen mental nicht gut geht, scheuen Sie sich nicht, sich Hilfe zu holen. Psychische Krankheiten sind genau das: Krankheiten, die heutzutage meist sehr gut behandelt werden können.
Sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt oder suchen Sie sich Hilfe in einer Psychotherapie-Praxis. Bei Psychotherapeut*innen können Sie mittlerweile auch ohne Überweisung eine Sprechstunde in Anspruch nehmen, die von den Krankenkassen übernommen wird. Aber Achtung: Da die Nachfrage groß ist, müssen viele Menschen zurzeit lange auf einen freien Platz bei Psychotherapeut*innen warten.
Wenn Sie sich in einer Krise befinden, können Sie auch die Telefonseelsorge in Anspruch nehmen, unter anderem über die Telefonnummern 0800/1110111 oder 0800/1110222.
Mehr über Anlaufstellen und Wege zur Therapie finden Sie in unserem Artikel über Depression.
Tipp 2: Bewusste Entspannung
Ständiger Stress schlägt auf die Psyche. Auf der anderen Seite können Ruhe und Zeit für sich die mentale Gesundheit fördern. Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers und legen Sie regelmäßige Pausen ein. Nehmen Sie sich ganz bewusst Zeit für Dinge, die Ihnen guttun, wie Auszeiten, Hobbys oder Treffen mit Freund*innen.
Auch gezielte Entspannung und Achtsamkeit können hilfreich sein. Lesen Sie mehr darüber, wie Achtsamkeit funktioniert, wie Sie Resilienz trainieren und wie Stressbewältigung durch Yoga, Meditation, Autogenes Training und Co. Sie weiterbringen kann.
Tipp 3: Bewegung
Wenn Sie sich bewegen, Spazieren gehen, Sport treiben, ist das nicht nur gut für Muskulatur und Figur. Körperliche Aktivität verändert die Zusammensetzung von Hormonen wie Serotonin und Cortisol in Ihrem Gehirn aus. Außerdem lenkt sie von negativen Gedanken ab und hilft dabei, Frust abzubauen. Zudem kann Bewegung die Stimmung verbessern und für mehr Energie im Alltag sorgen.
Studien zeigen, dass körperliche Aktivität dabei helfen kann, das Wohlbefinden zu steigern, psychischen Erkrankungen vorzubeugen und sogar bei deren Therapie zu unterstützen [3], [4]. Besonders effektiv scheint Sport zu sein, den Sie zusammen mit anderen treiben – hier hilft zusätzlich der soziale Kontakt [5]. Tipps dazu, wie Sie sich besser aufraffen können, finden Sie in unserem Artikel über Motivation zur Fitness.
Wichtig: Vorsicht vor einfachen Lösungen. Psychische Erkrankungen sind komplex, die Ursachen sind sehr individuell. Es gibt selten nur einen einfachen Auslöser. Die meisten Menschen, die bereits krank sind, werden deswegen nicht einfach dadurch gesund, mehr Sport zu machen oder sich gesünder zu ernähren. Seien Sie als Angehörige*r also vorsichtig mit solchen Ratschlägen.
Tipp 4: Soziale Unterstützung
Suchen Sie sich Unterstützung bei Familie, Freund*innen, Kolleg*innen, Bekannten und halten Sie Kontakt zu Menschen, die Ihnen wichtig sind. Das Gefühl, dazuzugehören, sich auszutauschen und Menschen zu haben, die Ihnen helfen, kann eine enorme mentale Stütze sein. Alleine, dass diese Netzwerke bestehen und Sie diese Menschen um sich haben, kann Ihrer Gesundheit zugutekommen.
Studien zeigen, dass soziale Bindungen und Netzwerke unter anderem das Wohlbefinden verbessern und Stress reduzieren können – und dass Menschen, die einen starken sozialen Rückhalt haben, seltener krank werden [6], [7].
Tipp 5: Gesunde Ernährung
Studien legen immer wieder nahe, dass auch die Ernährung mit dem Wohlbefinden und dem Risiko psychischer Erkrankungen zusammenhängen kann, auch wenn die Forschung noch relativ am Anfang steht [8]. In einer kanadischen Studie entwickelten beispielsweise Jugendliche, die sich ungesünder, also unter anderem mit weniger Obst und Gemüse und mehr Süßigkeiten und salzigen Snacks, ernährten, ein höheres Risiko, später an Depressionen zu erkranken [9]. Eine australische Untersuchung zeigte, dass Menschen, die anfingen, mehr Obst und Gemüse zu essen, nach relativer kurzer Zeit zufriedener waren und ein höheres Wohlbefinden hatten [10].
Warum sich die Ernährung so stark auf die Stimmung auswirkt, darüber diskutieren die Forschenden noch. Bestimmte Nährstoffe, die für das Gehirn eine Rolle spielen, zum Beispiel ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe, könnten dazu beitragen. Auch die Darmflora hat vermutlich einen Einfluss, die Bakterien im Darm und das Gehirn scheinen sich gegenseitig stark zu beeinflussen [11], [12]. Mehr zu diesem Thema können Sie in unserem Artikel über das Bauchhirn lesen.
Was also tun? Kurz gesagt: Ernähren Sie sich frisch und ausgewogen, mit viel Obst und Gemüse und essen Sie wenig Fertigprodukte, Zucker, Weißmehl, gesättigte Fette und Alkohol. Mehr Tipps und Hintergründe unter anderem zur Ernährungsumstellung finden Sie in unserem Gesundheitsportal in der Kategorie Ernährung und Fitness [9].
Tipp 6: Gesunder Schlaf
Schlaf beeinflusst die Gesundheit auf allen Ebenen. Schlafmangel beispielsweise kann nicht nur Herz und Kreislauf schaden und zu Übergewicht beitragen, sondern auch die Stimmung trüben und psychische Erkrankungen wahrscheinlicher machen. Es droht ein Teufelskreis, denn Ängste, Gedankenkreisen und negative Stimmung machen es schwieriger, gut ein- und durchzuschlafen. Auf der anderen Seite forschen Wissenschaftler*innen gerade daran, wie wir Menschen mit gesundem Schlaf unsere mentale Gesundheit verbessern können [13].
Achten Sie also darauf, genug erholsamen Schlaf zu bekommen. Empfehlungen und Hintergründe dazu finden Sie in unserem Gesundheitsportal in der Kategorie Schlaf, einige schnell umsetzbare Maßnahmen in unseren 11 Tipps zum Einschlafen und Durchschlafen.
Quellen
[1] Weltgesundheitsorganisation, „Faktenblatt – Psychische Gesundheit (2019)“. https://www.euro.who.int/de/health-topics/noncommunicable-diseases/mental-health/data-and-resources/fact-sheet-mental-health-2019 (zugegriffen 17. Mai 2022).
[2] „Chronic Illness and Mental Health: Recognizing and Treating Depression“, National Institute of Mental Health (NIMH). https://www.nimh.nih.gov/health/publications/chronic-illness-mental-health (zugegriffen 17. Mai 2022).
[3] E. Zschucke, K. Gaudlitz, und A. Ströhle, „Exercise and Physical Activity in Mental Disorders: Clinical and Experimental Evidence“, J. Prev. Med. Pub. Health, Bd. 46, Nr. Suppl 1, S. S12–S21, Jan. 2013, doi: 10.3961/jpmph.2013.46.S.S12.
[4] J. G. Fernández-Bustos, Á. Infantes-Paniagua, R. Cuevas, und O. R. Contreras, „Effect of Physical Activity on Self-Concept: Theoretical Model on the Mediation of Body Image and Physical Self-Concept in Adolescents“, Front. Psychol., Bd. 10, 2019, Zugegriffen: 17. Mai 2022. [Online]. Verfügbar unter: https://www.frontiersin.org/article/10.3389/fpsyg.2019.01537
[5] S. B. Harvey, M. Hotopf, S. Overland, und A. Mykletun, „Physical activity and common mental disorders“, Br. J. Psychiatry J. Ment. Sci., Bd. 197, Nr. 5, S. 357–364, Nov. 2010, doi: 10.1192/bjp.bp.109.075176.
[6] Robert Koch-Institut, „Soziale Unterstützung als Ressource für Gesundheit in Deutschland“, 2017, doi: 10.17886/RKI-GBE-2017-120.
[7] B. N. Uchino, „Social Support and Health: A Review of Physiological Processes Potentially Underlying Links to Disease Outcomes“, J. Behav. Med., Bd. 29, Nr. 4, S. 377–387, Aug. 2006, doi: 10.1007/s10865-006-9056-5.
[8] J. Firth u. a., „The Effects of Dietary Improvement on Symptoms of Depression and Anxiety: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials“, Psychosom. Med., Bd. 81, Nr. 3, S. 265–280, Apr. 2019, doi: 10.1097/PSY.0000000000000673.
[9] K. M. Davison, Y. Lung, S. (Lamson) Lin, H. Tong, K. M. Kobayashi, und E. Fuller-Thomson, „Depression in middle and older adulthood: the role of immigration, nutrition, and other determinants of health in the Canadian longitudinal study on aging“, BMC Psychiatry, Bd. 19, Nr. 1, S. 329, Nov. 2019, doi: 10.1186/s12888-019-2309-y.
[10] R. Mujcic und A. J.Oswald, „Evolution of Well-Being and Happiness After Increases in Consumption of Fruit and Vegetables“, Am. J. Public Health, Bd. 106, Nr. 8, S. 1504–1510, Aug. 2016, doi: 10.2105/AJPH.2016.303260.
[11] T. F. S. Bastiaanssen, S. Cussotto, M. J. Claesson, G. Clarke, T. G. Dinan, und J. F. Cryan, „Gutted! Unraveling the Role of the Microbiome in Major Depressive Disorder“, Harv. Rev. Psychiatry, Bd. 28, Nr. 1, S. 26–39, Feb. 2020, doi: 10.1097/HRP.0000000000000243.
[12] „Diet and mental health“, Mental Health Foundation, 7. August 2015. https://www.mentalhealth.org.uk/a-to-z/d/diet-and-mental-health (zugegriffen 18. Mai 2022).
[13] A. J. Scott, T. L. Webb, und G. Rowse, „Does improving sleep lead to better mental health? A protocol for a meta-analytic review of randomised controlled trials“, BMJ Open, Bd. 7, Nr. 9, S. e016873, Sep. 2017, doi: 10.1136/bmjopen-2017-016873.